Stuttgarter Stadtmeisterschaft 2010 (13. bis 16. Mai 2010)
Bei idealem Schachwetter – grauem Himmel, mäßigen Temperaturen – haben insgesamt 276 Schachfreunde den Weg in die Ditzinger Stadthalle gefunden und spielten in A-, B- und C-Turnier um die Stuttgarter Stadtmeisterschaft. Dabei machte die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull einigen Spielern, die teilnehmen wollten, einen Strich durch die Rechnung. So steckte z.B. der angekündigte Top-Großmeister Sergey Fedorchuk in Spanien fest, wo er zuvor ein Turnier gespielt (und gewonnen) hatte. Das Fehlen einiger angekündigter Titelträger tat der Spielfreude und der Spannung aber keinen Abbruch – im Gegenteil, gerade in der letzten Runde wurde an allen Spitzenbrettern noch verbissen gekämpft, da sich keiner der Favoriten ein „Salonremis“ leisten konnte.
Am Ende setzten sich zwei Favoriten durch: Es gewann GM Yuri Solodovnichenko (Ukraine) mit 6 Punkten aus 7 Runden und besserer Feinwertung vor GM Viacheslav Ikonnikov (Russland). Dritter wurde Dmitry Stets mit 5.5/7 Punkten; seine Erstrundenniederlage gegen den späteren Turniersieger hatte er gut verkraftet. Bester deutscher Teilnehmer war GM Henrik Teske auf Platz 4; er blieb zwar ohne Niederlage, musste sich aber dreimal mit einem Unentschieden zufrieden geben. Das B-Turnier gewann Frank Riegel vom SV Stuttgart-Wolfbusch, das C-Turnier Niel Haro von den Stuttgarter Schachfreunden.
Für die Gerlinger Teilnehmer war es ein recht erfolgreiches Turnier: Stephan Arounopoulos erarbeitete sich im A-Turnier 4 Punkte, spielte dabei u.a. gegen GM Teske (s. Photo) und den mehrfachen Württembergischen Meister Frank Zeller. Im B-Turnier war Harald Ellinger stets vorne dabei, seine 5 Punkte brachten ihn am Ende auf Platz 9. Mit 3 Punkte belegte Guido Steinmassl einen guten 66. Platz. Richtig erfolgreich waren unsere Spieler im C-Turnier. Mit 4.5 Punkten gewann Maximilian Graf wie im Jahr 2009 in der Kategorie U18; dass er im Vorjahr dafür aber 5 Punkte „brauchte“ war nur ein kleiner Wermutstropfen. Rolf Burkert erspielte sich 4 Punkte, die ihm den 3. Seniorenpreis einbrachten.
Alle Ergebnisse und Tabellen sowie die Partien der Spitzenbretter können auf der Homepage des Turniers genauestens studiert werden: http://www.stuttgarter-stadtmeisterschaft.de/.
Das häufigste Gesprächsthema in den Spielpausen war überraschenderweise nicht das Turnier selbst, sondern die Schachweltmeisterschaft, die wenige Tage zuvor im bulgarischen Sofia zu Ende gegangen war. Nach 11 von 12 Runden hatten Weltmeister Viswanathan Anand (Indien) und sein Herausforderer Veselin Topalov (Bulgarien) beide 5.5 Punkte auf dem Konto. Die letzte Partie musste also entscheiden, wobei der Titelträger sich nicht wie bei früheren Weltmeisterschaften auf ein Unentschieden verlassen konnte. Nach einem 6:6 wäre das Match in die Verlängerung gegangen und durch einen Stichkampf im Schnell- oder gar Blitzschach entschieden worden. Topalov, der in der letzten Partie den kleinen Vorteil der weißen Steine hatte, strebte aber unbedingt einen Sieg an. Vielleicht wollte er schlicht „seinem“ Publikum etwas bieten, vielleicht wollte er sich auch nicht aufs Stechen verlassen, da Anand in diesen Disziplinen als fast unschlagbar gilt. Auch möglich, dass er sich schlicht selbst unter Druck setzte und unbedingt einen klaren Matchsieg wollte. Jedenfalls ging er, obwohl die Stellung ausgeglichen war, einem Unentschieden aus dem Weg. Als Anand ihm einen Bauern darbot, riskierte er alles und nahm das explosive „Geschenk“ an. Den darauf folgenden Königsangriff muss er unterschätzt haben, da er ihn am Ende nur durch Herausgabe seiner Dame entschärfen konnte und aufgeben musste.
Siehe auch: Vorschau, Gerlinger Anzeiger vom 03.05.2010
Bericht: Dr. Philippe Leick
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